Waldorfpädagogik für alle sozialen Schichten: Seit 1991 gibt es in den Vereinigten Staaten von der Waldorfpädagogik inspirierte, öffentlich finanzierte Schulen, sogenannte Waldorf-Charter-Schulen. Lesen Sie hier die Zusammenfassung eines Beitrags von Liz Beaven.
Die erste Waldorfschule in den USA wurde 1928 in New York eröffnet. Lange Zeit hat sich die Waldorfpädagogik dann ausschliesslich in unabhängigen Privatschulen entwickelt.
63 Jahre später begann die Integration in das öffentliche Schulwesen. 1991 wurde in Milwaukee die erste öffentliche Waldorfschule gegründet. Die Schule im Zentrum der USA verfolgte Ziele der sozialen Gerechtigkeit, um Waldorfpädagogik auch benachteiligten Schülergruppen zugänglich zu machen.
«Charter schools»
1992 öffnete die «Charta-Gesetzgebung» den Weg für öffentlich finanzierte Schulen, die von der Waldorfpädagogik inspiriert waren. Diese Charter-Schulen («charter schools») sind von wichtigen staatlichen oder lokalen Vorschriften in Bezug auf den Betrieb und die Verwaltung befreit, unterliegen aber den Vorschriften für öffentliche Schulen. Zum Beispiel dürfen Charter-Schulen kein Schulgeld erheben oder mit einer religiösen Einrichtung verbunden sein.
1994 wurde daraufhin die erste Waldorf-Charter-Schule in Kalifornien eröffnet. In der Folge kam es zu Spannungen zwischen den freien Waldorfschulen und den neuen öffentlichen Schulen. Man fürchtete sich vor Konkurrenz und einer Einschränkung der schulischen Freiheit.
Es kam auch zu Rechtsstreitigkeiten, wie etwa die Klage von PLANS (Organisation People for Legal and Nonsectarian Schools). Die Organisation stufte Anthroposophie als eine Religion ein und betrachtete Waldorfpädagogik daher als eine religiöse Erziehung. Ihre Klage zog sich über 13 Jahre hin und wurde 2012 endgültig abgewiesen.
Die Allianz für öffentliche Waldorfpädagogik (Alliance for Public Waldorf Education) mit Sitz in Kalifornien unterstützt Charter-Schulen, indem sie sich für deren Rechte innerhalb des öffentlichen Bildungswesens und der Waldorfbewegung einsetzt.
Heute gibt es in der Allianz für öffentliche Waldorfpädagogik 61 öffentliche Mitgliedsschulen mit insgesamt rund 16'000 Schülerinnen und Schülern. Wie in privaten Waldorfschulen fehlen auch in den Charter-Schulen Lehrpersonen. Zu den Herausforderungen dieser Schulen zählt auch der Spagat zwischen Waldorfprinzipien und staatlichen Vorgaben.
Die Stärken der 30-jährigen öffentlichen Waldorfpädagogik liegen in der erhöhten Zugänglichkeit und Sichtbarkeit der Waldorfpädagogik. Starke Innovationen in den Lehrplänen und der Schulkultur sowie die Einbeziehung von Diversität und sozialer Gerechtigkeit kennzeichnen die Entwicklung der öffentlichen Waldorfbewegung.
Liz Beaven
Geschäftsführerin bei der Allianz für öffentliche Waldorf-Pädagogik